NORMAL – direkter Urbanismus x 4
Das Kulturjahr Graz 2020 ist eine außergewöhnliche Chance, um relevante Themen von Stadtentwicklung an den Rändern, in „peri-urbanen“ Räumen, zu behandeln, die – obwohl die Mehrheit der Bevölkerung in solchen Räumen lebt - kaum im Planungsinteresse liegen. Diese Gegenden werden seit vielen Jahren durch eine ungehemmte Bautätigkeit überformt, ohne eine Verbindung zu Stadtentwicklungskonzepten erkennen zu lassen. Dadurch fehlen benennbare Identitäten – außer jener des Unspektakulären, wenn nicht gar der „Langeweile“, weil diese Gebiete zunehmend austauschbar mit jenen in anderen Städten wirken.
Dieser Mehrheit des Unspektakulären widmen wir uns im Rahmen von NORMAL. Graz hat – auch international – einen herausragenden Ruf für Architektur, wobei die Stadt gleichzeitig von einer hohen Fragmentierung charakterisiert ist. Als prozentuell meist wachsende Stadt in Österreich ist es also umso wichtiger, sich mit diesen weniger beachteten Bezirken an den Rändern der Stadt zu befassen.
Wie kann in diesen peri-urbanen Gebieten, die trotz ähnlicher Phänomene alle sehr unterschiedlich sind, eine neue „Zentralität“ (Lefebvre) und Identität, die von Gemeinschaft geprägt ist, mit innovativen künstlerisch-urbanistischen Methoden entwickelt werden? Dies ist umso dringlicher, da die etablierten Stadtteilzentren mit ihren sozialen Strukturen in Graz nun gefährdet sind. Diese „peri-urbanen“ Gebiete sind von Flächenfraß durch Supermärkte und Shoppingcenters mit Parkplätzen oder von „Nachverdichtung“ gekennzeichnet, die eine Nutzung oder Produktion von Qualitäten des öffentlichen Raums vermissen lassen, und stattdessen noch vorhandene soziale Strukturen auslöschen.
Direkter Urbanismus und verwandte „andere Urbanismen“
Direkter Urbanismus ist eine Methode, die transparadiso erarbeitet hat und kontinuierlich weiterverfeinert, um auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen von Stadtplanung zu reagieren. Dabei werden - entsprechend des jeweiligen Kontexts - künstlerisch-ubanistische Strategien für eine sozial engagierte Stadtplanung entwickelt, die in einen längerfristigen Stadtplanungsprozess eingebunden werden sollen. Direkter Urbanismus führt Planung und Handlung zusammen. Obwohl sich seit Mitte/ Ende der 1990er Jahre viele für das Gemeinwohl engagierte Urbanismen (performative urbanism, instant urbanism, etc.) herausgebildet haben, haben diese bis dato kaum Eingang in Stadtplanung gefunden. NORMAL wird mit den 4 Interventionen mit internationalen Teams deshalb auch mehr Sichtbarkeit für innovative urbanistische Methoden erzeugen.
Der Prozess
NORMAL basiert auf einem ständigen Austausch zwischen den Rändern und der Innenstadt: NORMAL beginnt mit einer Ausstellung im HDA, in der die Projekte vorgestellt werden; darauf folgen die Realisierungen in den 4 Bezirken, die danach in einer Ausstellung im Forum Stadtpark präsentiert werden. Alle Projekte werden in enger Kooperation mit Institutionen in den Bezirken und interessierten TeilnehmerInnen realisiert.
Vier urbane Interventionen in 4 Bezirken: Die Schönheit von Gemeinschaft
Andritz (Nord): School for Civic Action, public works (London, GB)
Waltendorf (Ost): The Third World Congress of the Missing Things, transparadiso (Wien/ Graz, A), in Kooperation mit der Pfarre St.Paul
Liebenau (Süd): Castaway on the Mur, orizzontale (Rom, I), in Kooperation mit dem Jugendzentrum Am Grünanger
Wetzelsdorf (West): TanzPflanzPlan, Georg Winter/ Arge Ast (Stuttgart/ Saarbrücken, D), in Kooperation mit der Land- und Forstwirtschaftsschule Grottenhof
Die urban practitioners (KünstlerInnen/ ArchitektInnen-Teams) erarbeiten mit ihren spezifischen Methoden ein Projekt vor Ort in den Bezirken – in Kooperation mit Organisationen vor Ort. Als Ausgangspunkt stellt transparadiso eine Recherche zur Verfügung, die mögliche Aspekte und spezifische Themen vorbereitet. Die realisierten Projekte sollen als wesentliche Impulse für längerfristige Konzepte für die Bezirke diskutiert und in ein übergeordnetes urbanistisches Konzept eingebunden werden.
Erster Katalog NORMAL
Der Katalog stellt die Bezirke in einem kurzen historischen Überblick sowie aktuell relevante urbanistische/ gesellschaftliche Themen vor und präsentiert die Teams und deren Projekte (siehe pdf als download).
Der 2.Katalog mit den Projektrealisierungen erscheint im Herbst 2021.
TERMINE 2020
Die Realisierung der Projekte in den 4 Bezirken wurde verschoben auf März-Juli 2021, aber der Prozess hat intensiv begonnen:
transparadiso sammelt ab jetzt Beiträge für den „Third World Congress of Missing Things“ zum Thema „normal“.
13.08.-18.08.2020: TanzPflanzPlan / Georg Winter (D): Workshop-Woche am Feld in Wetzelsdorf mit Hyun Ju Do, Julia Rabusai und Christian Richert
Vorstellung der Projekte vor Ort in den Bezirken - eine Tour mit den KünstlerInnen und dem Indikatormobil:
Fr, 02.10.: 10:00-13:00: Georg Winter „TanzPflanzPlan“
Ort: Fachschule für Land-und Forstwirtschaft Grottenhof/ Bio-Bauernmarkt, Wetzelsdorf
Sa, 3.10.: 9:00-12:00: public works „School for Civic Action“
Ort: Andritzer Hauptplatz, Andritz
14:00-16:00: orizzontale „Castaway on the Mur“
Ort: Jugendzentrum Am Grünanger, Liebenau
So, 4.10.: 11:00-13:00: transparadiso „Third World Congress of the Missing Things“
Ort: Pfarre St.Paul, Waltendorf
TERMINE 2021
27.01-24.02.2021: Ausstellung, HdA Graz
Realisierung der Projekte:
März-August 2021: TanzPflanzPlan / Georg Winter (D)
April/ Mai 2021: Castaway on the Mur / orizzontale (I)
Mai/ Juni 2021: School for Civic Action / public works (GB)
03.07.-04.07.2021: The Third World Congress of Missing Things / transparadiso (A)
August 2021: 4 Stadtrandwanderungen, die die 4 Bezirke verknüpfen
01.09.-15.09.2021: Ausstellung im Forum Stadtpark